Pays Basque - Schokolade und Wein - Eusko statt Euro - Euskara und Französisch

 

Das französische Baskenland mit der Hauptstadt Bayonne entpuppt sich als sehr lebens- und liebenswert. 

Die Menschen sind, wie sie deutlich betonen, Basken und vielleicht ein bißchen Franzosen.

Piment und Schinken in Epelette

Nur eingefleischte Frankreichfans kennen die Hauptstadt des französischen Baskenlandes, Bayonne. Hier steigen Reisende nur ab, weil sie sich die teuren Luxusherbergen an der Atlantikküste in Biarritz nicht leisten können, sich aus den schönen Atlantikstränden nichts machen oder weil sie wissen, dass hier tatsächlich das baskische Herz schlägt. Das Baskenland und seine Menschen zu entdecken lohnt sich auf alle Fälle.

Die Basken sind stolz ihre Besonderheiten behalten zu haben und wehe dem, der sie als Franzosen betitelt. Eine Beleidigung! Obwohl Frankreich das einzige EU-Land ist, das bisher das „Rahmenabkommen zum Schutz nationaler Minderheiten“ noch nicht ratifiziert hat, welches auch die Unabhängigkeit der Sprache ermöglicht, sind die meisten Hinweisschilder, Straßennamen und häufig auch die Auslagen der Geschäfte in Euskara und Französisch. Euskara ist die einzige isolierte Sprache des europäischen Kontinents. Ich glänze immer wieder mit den zwei Sprachbrocken: Kaixo für Hallo und Agur für Tschüss. Das kommt immer gut an. 

Bayonne - Hauptstadt des Baskenlandes (Fr.)

In unseren Medien findet der nach wie vor im Untergrund schwelende Konflikt des französischen und spanischen Baskenlandes kaum Erwähnung. In Bayonne werde ich Augenzeuge einer politischen Demonstration und Trauerfeier für verstorbene und inhaftierte baskische Aktivisten, die von der französischen Gesetzgebung als Terroristen eingestuft werden. Bei einigen Teilnehmern flossen die Tränen. Immer noch eine hochemotionale und brodelnde Lage. Ich fühle mich zurückversetzt in alte Zeiten. Die Internationale und der Song über die beiden italienischen Aktivisten Nicola Sacco und Bartolomeu Vanzetti, die in der amerikanischen Arbeiterbewegung engagiert waren und unter zweifelhaften Umständen wegen Mordes zum Tode verurteilt wurden, werden von allen Teilnehmern zusammen mit der Band gesungen. Die Geschichte wurde mehrmals verfilmt und der Song „Nicola and Bart“ (Joan Baez/Ennio Morricone), später Hymne für politische Justizopfer, ist immer noch hörenswert und gibt die Gänsehautstimmung wieder, die mich umgab. Meine Lieblingsversion von Georges Moustaki: Here’s to you (Nicola and Bart). Den Song höre ich mir noch bis zu Ende an und verlasse dann die Lokalität. Ist mir doch etwas unheimlich.

An beiden Ufern des Flusses Nive reihen sich Bars und Restaurants aneinander und Studenten, Reisende und alteingesessen Bewohner sitzen hier zusammen und flirten, quatschen oder politisieren. Ich genieße die laue Nacht bei baskischen Spezialitäten und gutem Wein aus der Region. Die Farb- und Lichtreflexionen auf der glitzernden Oberfläche des Nive zaubern glückliche Momente herbei. 

Die Delikatessen des Baskenlandes haben es mir angetan. Fantastisch schmeckt der Bayonne-Schinken, auf baskisch Ibaiona, der aus den Hinterkeulen einer baskischen Schweinerasse hergestellt und nach dem Pökeln mindestens neun Monate reift. Der Jambon zergeht auf der Zunge mit einem feinen süßlichen Geschmack. 

Ich besuche den Ort Espelette am Fuße der Pyrenäen. In der Ortschaft hängt an jedem Fenster, an jedem Balkon und jeder Balustrade ein Zopf mit kleinen, langen, Paprikas. Diese Chillisorte, Piment d’Espelette, wird ausschließlich um Espelette angebaut, getrocknet und weiter verarbeitet. Ihr Geschmack ist süßlich, fruchtig und leicht pikant und findet in der Küche anstatt Pfeffer Verwendung. In einigen Regionen werden auch die Schinken damit gewürzt. Sehr gerne nutze ich das Gewürz für die baskische Piperade: Olivenöl, Paprika, Zwiebeln und Knoblauch werden geschmort, mit Salz, Pfeffer und Thymian gewürzt und am Ende Chilli oder original mit Piment d’Espelette gewürzt. Dazu passt perfekt Bayonner Schinken und Weißbrot. Guten Apetit. Zufällig gerate ich in den Bauernmarkt herein. Viele kleine Marktstände mit Spezialitäten der Region. Käse, Schnäpse und Liköre, Gewürze, Wurst, Wein und natürlich die Schinken. Am Schnapsstand bleibe ich, als begeisterter Hobby-Limoncello-Créateur, stehen und komme mit dem Mann mit Baskenmütze, die fast alle tragen, ins Gespräch. Er erklärt mir, wie er die verschiedennen aufgesetzten Schnäpse hergestellt hat. Ein Schild weist darauf hin, dass hier mit Euskos bezahlt werden kann. Was sind Euskos? „Eusko ist unsere baskische Währung mit der wir unter uns baskischen Landwirten und Gewerbetreibenden bezahlen. Ein Eusko ist gleich ein Euro“, klärt mich der Mann auf. Die Komplementärwährung unterstreicht einmal mehr, dass die Basken es mit einer gewissen Unabhängigkeit von Paris ernst meinen.

An Besonderheiten ist die Region reich: Das schwarze Schwein aus der Region Bigorre, Porc Noir de Bigorre. Vor 35-40 Jahren war diese Rasse am Aussterben, weil sie untauglich zur Massenzucht war. Die Tiere wuchsen zu langsam. Dem Einsatz unermüdlicher Züchter der Region ist es zu verdanken, dass diese Rasse überleben konnte. Sie leben in der freien Natur und ernähren sich von dem, was dort zu finden ist. Das Fleisch ist aromatisch und enthält einen höheren Fettanteil als Tiere aus der Massenzucht. Der Fettanteil sorgt für ein großartiges Aroma. Ein glückliches Schicksal hatten auch die fast schon ausgerotteten Schweine mit dem ulkigen schwarzen Kopf und Hinterteil aus dem Tal von Aldudes. Es soll sehr lecker sein. Ich hatte leider keine Gelegenheit es zu probieren. Degustieren konnte ich aber den fantastisch zum Schinken passenden Wein aus Irouléguy, einer der kleinsten Anbauflächen Frankreichs. Besonders angetan hat es mir der kräftige Rote, gekeltert aus Tannat, Cabernet-Franc und Cabernet-Sauvignon. Oh là là!

Was darf nicht fehlen? Schokolade. Ob heiße Schokolade mit schön fetter Sahne, ob deliziöses Konfekt oder nur eine simple Tafel Schokolade, die Chocolatiers in Bayonne verstehen ihr Handwerk. Seit dem Jahr 1780 wird hier Schokolade fabrikmäßig hergestellt und die Qualität, sowie die außerordentliche Kreativität haben sich im Laufe der Jahrhunderte zur Perfektion entwickelt. Die tollen Auslagen der Pralinen, französisch Bonbons, laden zum Kosten ein, obwohl es schwer fällt diese kulinarischen Kunstwerke im „Maul“ verschwinden zu lassen. Und es schmilzt auf der Zunge ..., eben wie allerfeinste Schokolade. Ein Feuerwerk aus Vanille, Mandeln und Tonkabohnen. Ich kann es nicht herausschmecken, aber es ist wunderbar.

Es ist an der Zeit die Kilos, welche sich an den ungeeignetesten Stellen des Körpers festgesaugt haben den Garaus zu machen. Auf zu den Stränden in und um Biarritz. Zunächst land ich jedoch in Biarritz. Der Stadtstrand „La Grande Plage“ fügt sich in das mondäne Stadtbild ein. Das Casino, erbaut 1929 im Art-Déco-Stil, kostete einigen Reichen (und „Armen“) hin und wieder einmal das Vermögen. Hier trafen sich Adel, Industriemagnaten und Künstler, um zu leben. Was man auch immer darunter verstehen mag. Der Strand ist nett und mit 1,8 Kilometern lädt er mich zum Strandlauf ein. Das Meer ist wild und ungezähmt, woran die Surfer ihre Freude haben. Die Stadt selbst wirkt  auf mich jedoch etwas steif, daher fahre ich weiter zu den Stränden, die außerhalb der City liegen. Besonders angetan hat es mir die Strände von Anglet. Elf Strände ziehen sich durch „Kleinkalifornien“, die für alle Interessen etwas bieten. Für Surfer bietet sich „Les Cavaliers“ an.  Sonnenanbeter bevorzugen den feinen Sandstrand von „La Madrague“ und  Familien mit Kindern fühlen sich am kleinsten, ruhigsten, von Molen eingeschlossenem Strand „La Barre“ an der Flussmündung des Adour am wohlsten.

 

Saint-Jean
Saint-Jean

Die Mittagshitze zwingt mich zurück ins klimatisierte Auto und so fahre ich in das 25 Kilometer entfernt Saint-Jean-de-Luz. Nur zehn Kilometer vor der spanischen Grenze erlebe ich das ehemalige Fischerdorf, dass trotz des ausgeprägten Tourismus sein Flair behalten hat. Die Altstadt mit zahlreichen Restaurants, Shops und der Markt, mit fangfrischen Fischen, Muscheln und landestypischen Delikatessen laden zum bummeln ein. Hinter der Altstadt zur Atlantikseite hin erschließt sich der von Dämmen geschützte Strand. Für Surfer ein Paradies. Ein Sprung ins Wasser sorgt für angenehme Kühlung. Vom Strand aus beobachte ich wie fünf Fischerboote Netze auswerfen und hin und hertuckern, die Netze einholen und erneut auswerfen. Des Rätselslösung entdecke ich im Hafen. Auf einem riesigen Haufen wird die Fracht entladen. Algen. Die Kosmetikindustrie wird mit diesem Naturprodukt beliefert. „Das gibt der Haut Feuchtigkeit und lässt sie immer glatt aussehen. Deshalb gibt es so viele schöne Mädchen in Saint-Jean“, strahlt der Fischer verschmitzt.

Bevor es mich nach Toulouse und Bordeaux weiterzieht der besondere Reisetipp.

Saint-Jean-de-Luz
Saint-Jean-de-Luz

Tipp 1: In Bayonne – Das Schinkenfest: 29.03.-1.04.2018

                                   Das Musikfest: 21.06.1018

                                   Das Stadtfest: 25.-29.07.2018

 

Tipp 2: Espadrilles kaufen. Diese inzwischen wieder in Mode gekommenen Sommerlatschen   aus Stoff, meistens Baumwolle oder Leinen und der Sohle aus Pflanzenfasern, werden in Designerqualität im französischen Baskenland hergestellt. Bei der Herkunft streiten sich Franzosen und Italiener. Auch Picasso trug seine Espadrilles mit Schleife. Ich habe mir gleich drei Stück gekauft und nutze sie zur Zeit (Winter) als Hausschuhe. Auf alle Fälle eng kaufen. Der Stoffe weitet sich stark.

 

Tipp 3: In Espelette – Peperonifest: Oktober 2018

(alle Termine ohne Gewähr)

Kommentare: 2
  • #2

    Henri (Freitag, 30 März 2018 03:48)

    Lohnt sich immer. Aus vergangenen Tagen habe ich noch eine Baskenmütze habe ich noch übrig.

  • #1

    Horst Joachim Kerwien (Mittwoch, 28 März 2018)

    Der Bericht macht echt Lust, aufzubrechen ins Baskenland. Baskenmütze nicht vergessen einzupacken.
    Danke