Santo Antão – Grünes Wanderparadies

Kapverdische Inseln Teil 2

Trentino

Autor: Henri du Vinage

Santo Antão

März 2024

 

Aus dem Lautsprecher trillert es Sodade, Sehnsucht. Césaria Évora verfolgt uns sogar auf dem Fährschiff nach Santo Antão. Ihren Erfolgshit können wir bald nachsingen, nur die kreolische Sprache gelingt nicht wirklich. Der Atlantik, platt, wie eine Flunder lässt uns dahintuckern. Wir sitzen am Deck, wo die ständige Brise der frischen Morgenluft uns in die Kabine treibt. Nach 55 Minuten legen wir im Hauptstadthafen Porto Novo an. Reisende erzählten uns über die Stadt: „Da braucht ihr nicht hin. Häßlich, es gibt nichts zu sehen und nachts müsst ihr euch höllisch vor Überfällen in Acht nehmen.“ 

Kapverdische Inseln Santo Antão, Wanderung von Alto Mira
Santo Antão - Alto Mira

Wir ordern ein Taxi für den 5-minütigen Weg zu unserer Pension und fahren das letzte Stück auf einer unbefestigten Sandpiste. „Nachts gehe ich hier nicht lang“, schießt es mir, von meinen brasilianischen Reiseerfahrungen geprägt, durch den Kopf. In der Unterkunft wartet die Wirtin. Auf unsere in portugiesisch verfassten Mails antwortete sie immer in Französisch. Wir schrieben dann: „Wir sprechen português.“ Prompt kam die nächste Nachricht en français. Sie öffnet die Tür und empfängt uns in einem Sprachwall, lachend, mit französisch-portugiesichem Akzent und zeigt uns die kleine Pension. Wie wir später erfahren hat sie französische und kapverdische Wurzeln und betreibt seit einigen Jahren das Haus, welches sie liebevoll eingerichtet hat. „Carlos kommt gleich“, meint sie. „Wer ist Carlos?“ „Das ist euer Wanderguide.“ Das hat geklappt, denke ich und freue mich auf unsere erste geführte Wanderung auf den kapverdischen Inseln.

Der junge Mann holt uns ab. „Wir müssen erst zu mir nach Hause. Ich muss noch eine Kamera abholen“, erklärt er uns. Wir folgen ihm enttäuscht, weil es nicht gleich losgeht. Angekommen fragt er: „Wollt ihr einen Café?“ Meine Frau schüttelt den Kopf. Ich sage: „Sim, com prazer“- Ja, gerne. Herzlich empfängt uns seine Familie. Tante und Oma überschlagen sich förmlich uns zu bewirten. Obligatorische Familienfotos schießen wir und völlig entspannt mit kapverdischem Feeling, Morabeza, geht es los. Stop! Das Taxi ist nicht da. Carlos muss das noch organisieren. Nach weiteren 20 Minuten steht ein SUV vor der Tür. Jetzt geht es los. Stop! „Wir holen uns etwas für den Lunch“, meint unser Guide. Nach ein paar Kilometern halten wir an, betreten einen Einkaufsladen und Carlos bestellt einige Brötchen, Thunfisch in Dosen und Mineralwasser. Jetzt geht’s los. Wir finden Gefallen an diesem entschleunigten Leben und freuen uns auf eine hoffentlich entspannte Wanderung. 

Endstation. Aussteigen. Wir befinden uns 750 Meter ü. M. in Alto Mira, passieren einige Häuser, eine Schule und landen in einem Geschäft für den täglichen Gebrauch: Lebensmittel, Getränke, Waschmittel und noch so Einiges. Grundschüler in ihrer Schuluniform rennen spielend an uns vorbei und die vielleicht 20-jährige Lehrerin erzählt uns auf ihrem Weg, dass sie jetzt in die nächste Schule zum Unterricht geht. „Ich unterrichte in drei Schulen“, ruft sie uns eilend zu. Währenddessen ist Carlos verschwunden. Mit frisch gepflückten Tomaten und Weißkohl kommt er um die Ecke, öffnet die Thunfischdosen, schneidet die Tomaten in Scheiben, wäscht den Kohl mit Mineralwasser und belegt damit die Brötchen. Mir fallen die zahlreichen Artikel zum Thema Hygiene ein, die ich vor der Reise gelesen habe. „Du musst einen Grogue probieren“, und schon hält er mir ein Glas vor die Nase. Ob der die Mikroben und Bakterien abtötet? Ich greife zu: „Saúde. Prost“, trinke und beiße in das Thunfischbrötchen. Es schmeckt und ich streife alle miesen Gedanken ab. Am Fensterbrett des Ladens liegt ein junger Kerl, der Kopf hängt schlaff herunter, das Sprechen fällt ihm schwer und seine wenigen Bewegungen sind unkoordiniert. Er ist der Bruder, eines Mannes mit Sprachproblemen, der uns später seine Werkstatt zeigt, wo er organischen Pflanzendünger und Pflanzenschutzmittel herstellt. Carlos berichtet, dass er es von deutschen und französischen Biologen gelernt hat. Wir kehren zurück in den Verkaufsladen: „Adeus, até logo.“ Der Mann im Fenster lacht mich an, als ich mich von ihm mit Faust gegen Faust wie ein Kumpel verabschiede. Sein Bruder erzählt uns: „Früher war ich in vielen Dingen stark eingeschränkt und habe mich trotzdem viel bewegt. Sport und Gymnastikübungen halfen mir fit zu werden. Leider hat mein Bruder nichts getan, aber er gehört natürlich zu uns. Wir sind glücklich an diesem Ort zu leben.“ 

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Kulturhauptstadt Mindelo - Musik liegt in der Luft

Kapverdische Inseln Teil 1

Trentino

Autor: Henri du Vinage

Mindelo

März 2024

 

Unser kapverdisches Abenteuer beginnen wir auf São Vicente einer der drei bewohnten Nordinseln. Mindelo, Hauptstadt der Insel und wichtige Hafenstadt, die Stadt der Musik, die Stadt der berühmtesten Sängerin des Archipels Césaria Evora haben wir als erste Station auserkoren.

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